Tagebuch

1. Januar 2010
…hier werden wir die Vorbereitungen und Erlebnisse unserer Motorradreise durch Patagonien, Feuerland zum Kap Hoorn und zurück nach Valparaiso dokumentieren.
Gruss an alle… Claudi & Volker
Spanisch Kurs
*** 27. Januar 2010 ***
Erster von 10 spanisch Abenden in Rheinzabern. Damit wir uns wenigstens etwas auf spanisch Verständigen können, haben wir uns entschlossen über die VHS einen Kurs zu belegen. Mal sehen ob es was bringt.
Urlaub genehmigt
*** 13. Februar 2010 ***
Unser Urlaub (Jan-Mrz 2011) wurde genehmigt
Die Urlaubsplanung kann beginnen.

 

Erster Kontakt mit Martina in Valparaiso
*** 15. Februar 2010 ***
Wir haben Martina in Valparaiso wegen dem Motorradtransport (Hamburg-Valparaiso-Hamburg) gemailt. Sie hat uns auch gleich zurückgeschrieben, dass Sie gerade ein paar Pfälzer bei sich hat die ihre Bikes nach Deutschland transportieren lassen. Evtl. können wir eine Transportkiste von denen übernehmen.
Flug gebucht
*** 4. März 2010 ***
Erster Kontakt mit unserem Reisebüro bzgl. Flug. Das Angebot ist: am 28.12.2010 Abflug nach Santiago de Chile. Rückflug am 26.03.2011. In Santiago werden wir eine Übernachtung haben und dann mit dem Bus (müssen wir vorort organisieren) nach Valparaiso fahren. Dort werden wir bei Monica und Pato übernachten und unser Motorrad am Hafen abholen.
Werkzeugbox
*** 13. März 2010 ***
Habe für das Werkzeug eine Edelstahl-Box konstruiert und Pap hat sie gebaut. Diese werde ich an der Innenseite des rechten Alu-Koffers befestigen.

 

Ohne Stativ geht’s nicht
*** 20. März 2010 ***
Damit wir beim Filmen und Fotografieren keine verwackelten Bilder bekommen, haben wir uns das reisetaugliche Stativ Manfrotto 190xprob zugelegt. Transportiert wird es in einem wasserdichten Ortlieb-Packsack.
Zubehörteile für die GS
*** 28. März 2010 ***
Am Freitag kamen die Teile von Touratech. Ich habe für unsere Reise einiges bestellt und Freitag/Samstag montiert.
- Verstärkter Motorschutz mit Verlängerung

 

- Schutz für Behälter Bremsflüssigkeit & Kupplung
- Halter für Benzinkanister – Schalthebel klappbar und eine Luftpumpe
Transportkiste
*** 3. April 2010 ***
Heute haben wir uns die Transportkiste von Lutz aus Sindelfingen angeschaut. Wie sich herausstellte ist sie von Martina aus Valpo. Was für ein Zufall! In den nächsten Tagen werde ich mit dem Hänger nochmal hinfahren und sie abholen.
Transportkiste abgeholt
*** 18. April 2010 ***
Wir waren heute bei Lutz in Sindelfingen und haben die Transportkiste abgeholt. Im Oktober werden wir sie dann samt Inhalt nach Valparaiso schicken.
Tickets sind da
*** 28. April 2010 ***
Heute hat Claudi im Reisebüro PIT unsere Flugtickets abgeholt !!!
am 28.12.2010 geht’s los
Testfahrt in die Schweiz
*** 30. August 2010 ***
Vom 2. – 7. September 2010 machen wir unsere Testfahrt in die Schweiz (Zernez). Es wird alles mitgenommen was wir auch in SA dabei haben möchten.

 

Probepackung
*** 31. August 2010 ***
Einiges an Ausrüstung… Das muss jetzt nur noch auf die GS gepackt werden
Spanisch Kurs #2
*** 1. September 2010 ***
Die ersten 10 Abende als Grundlage waren schon mal nicht schlecht. Da das aber noch nicht reicht, gehen wir noch in den Aufbau Kurs.

 

Test-Urlaub in der Schweiz
*** 9. September 2010 ***
So… der Test-Urlaub in der Schweiz ist jetzt rum. Es hat alles wie geplant funktioniert. Ein paar Kleinigkeiten müssen wir noch ändern, aber sonst stimmt alles. Bei der GS hat die Kraftstofffüllstandsanzeige ihren Geist aufgegeben. Nicht so problematisch, da ich ja die Reichweite zwischenzeitlich kenne und rechtzeitig die Tankstelle anfahre. Habe es aber trotzdem reparieren lassen und stolze 242€ zum BMW Händler getragen
Ach ja! Beim Losfahren gab es noch ein kleines Problem. Claudi konnte auf die bepackte GS nicht aufsteigen. Es war einfach zu wenig Platz Nachdem ich die zwei Gepäckrollen auf den Kofferdeckeln etwas nach hinten verschoben hatte, ging es dann.

 

Werkzeug für alle Fälle
*** 11. September 2010 ***
Die Werkzeugbox ist gefüllt
Lieferprobleme Enduroreifen TKC 80
*** 15. September 2010 ***
das gibt es ja nicht !!! jetzt, wo ich die Reifen bestellen will, ist der TKC80 von Continental ausverkauft. Er wird erst im Januar/Februar 2011 von Conti wieder produziert die meisten Händler haben nur noch 1 od. 2 auf Lager. Einige gingen dann auch noch direkt vom Zentrallager zu den Dakar teilnehmern. Da ich einen Vorder- und zwei Hinterreifen benötige, musste ich eine Weile suchen um was zu finden. Dem entsprechend ist es auch kein Schnäppchen Preis gewesen.

 

TKC 80 geliefert
*** 17. September 2010 ***
das hat dann doch noch ohne probleme funktioniert reifen bei http://www.mein-motorradreifen.de/ gefunden, bestellt, ein tag später waren sie da.

 

TKC 80 sind montiert
*** 9. Oktober 2010 ***
Heute hat unsere GS zum ersten mal ihre TKC80 montiert bekommen. Die ersten paar Meter der Probefahrt waren etwas ungewohnt, vor allem die ersten Kurven. Es war aber alles i.o.. Nach 10 Minuten Fahrt, hatte ich mich an die grobstolligen Reifen gewöht. No Problem oder besser “No hay problema”
“VERSCHIFFUNG IHRES MOTORRADES NACH CHILE”
*** 9. Oktober 2010 ***
Heute hatten wir den ersten Kontakt mit der Spedition die die Verschiffung der GS organisiert. Jetzt geht’s los !!!

 

*** 09.10.2010***
Guten Tag Herr Schaller,
von unserem Haus aus Santiago haben wir erfahren, dass Sie ein Motorrad nach Chile verschiffen möchten.
Um eine Ihnen eine reibungslose Verschiffung gewährleisten zu können bitten wir Sie uns mit folgenden Daten zu helfen:
- Wann ist die Kiste fertig gebaut, beladen und abholbereit
- genaue Abmessungen der Kiste und ein ca. Gewicht
- eine Ladeliste (am besten in Word) über genauen Inhalt der Sachen die Sie verschiffen möchten inklusive geschätzten Werten, falls Sie über den Motorrad hinaus weitere Sachen in die Kiste packen
- genaue Abholadresse inkl. Öffnungszeiten, Ansprechpartner und Telefonnummer
- eine Kopie Ihres Reisepasses
- eine Kopie vom internationalen Führerschein
- eine Kopie des Fahrzeugscheines (beide Seiten)
- Information ob Sie eine Transportversicherung (nur gegen Totalverlust möglich) eindecken möchten

 

Da Sie am Ende Dezember in Chile ankommen, müssen wir spätestens in der Woche 45/46 abholen können damit das Schiff rechtzeitig ankommt.

 

WICHTIG:
Es darf sich kein Benzin im Tank befinden, die Batterie muss abgeklemmt sein.
Bei Holzverpackung muss es sich um zertifiziertes Holz handeln oder es muss ein Begasungszertifikat vorliegen.
Wir empfehlen eine abschließbare Klappe anzubringen damit der Zoll eventuell ohne große Umstände die Ware
besichtigen kann ohne die ganze Kiste aufzubrechen.
Auch empfehlen wir einige Trockenbeutel beizupacken um die Luftfeuchtigkeit währen der Reise aufzufangen
und Schimmelbildung zu verhindern.
Sobald wir die Kiste in Hamburg haben, werden wir Ihnen die Frachtrechnung über die Kosten die Sie mit Chile vereinbart haben per Email zusenden,
diese sollten Sie dann schnellstens begleichen, damit bei der Entladung keine Verzögerungen gibt.

 

Die Kiste ist gepackt
*** 17. Oktober 2010 ***
Es passt alles rein 
Es fehlen noch: Helm, Motorradkleidung und Camping utensilien. Am 10.11.2010 wird die Kiste abgeholt.

Die Kiste wurde abgeholt
*** 10. November 2010 ***
Am 10.11.2010 13:35h hat unser Motorrad seine lange Reise nach Chile (Valparaiso) angetreten 
Wenn alles gut geht, ist die Kiste in 5 Wochen dort.

Die Kiste ist auf dem Wasser
*** 23. November 2010 ***
Heute wurde die Kiste auf die Glasgow Express verladen und ist unterwegs nach Valparaiso.
 
Flugdaten
*** 27. November 2010 ***
Stand: 27.11.2010
Frankfurt nach Santiago de Chile
(Zeitverschiebung -4h)    Datum    Uhrzeit
Abflug Frankfurt
LAN Airlines (LA 705)
Terminal 2    28. Dez 10    19:40
Ankunft Madrid
Terminal 4 Satellite    28. Dez 10    22:25
Stoppzeit (Dauer)    01:30
Abflug Madrid
LAN Airlines (LA 705)
Terminal 4 Satellite    28. Dez 10    23:55
Ankunft Santiago de Chile
International Terminal    29. Dez 10    7:40
       
Santiago de Chile nach Frankfurt
(Zeitverschiebung +4h)       
Abflug SCL
LAN Airlines (LA 704)
International Terminal    26. Mrz 11    18:45
Ankunft Madrid
Terminal 4 Satellite    27. Mrz 11    13:45
Stoppzeit (Dauer)    01:30
Abflug Madrid
LAN Airlines (LA 704)
Terminal 4 Satellite    27. Mrz 11    15:15
Ankunft Frankfurt
Terminal 2    27. Mrz 11    17:55

 



 

Panamakanal gesperrt!
*** 10. Dezember 2010 ***
Gestern wurde zum ersten mal seit 21 Jahren der Panamakanal wegen Hochwasser gesperrt  .
Sowas fällt unter die Kategorie: Murphys Gesetz
„Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“
Ich versuche jetzt mal über die Spedition herauszufinden wo sich unsere Kiste gerade befindet.

Sturmfrisur
*** 11. Dezember 2010 ***
Jetzt können mir die patagonischen Winde nichts mehr anhaben!
 
Es geht los…
*** 28. Dezember 2010 ***
Viel zu spät begreifen viele
die versäumten Lebensziele,
Freunde, Schönheit der Natur,
Gesundheit, Reisen und Kultur.
Darum, Mensch, sei zeitig weise!
Höchste Zeit ist´s! Reise, reise!
Wilhelm Busch

Wir sind angekommen…
*** 29. Dezember 2010 ***
Wir sind gut gelandet und unsere Füsse dampfen in der chilenischen Hitze. Der Empfangskaffee bei Martina kommt genau richtig, da wir bereits 36h unterwegs sind. Haben unsere ersten Empañdas verdrückt und interessante Reiseberichte gehört. Nachmittags ruft Enzo “vamos” und schon sitzen wir im Pickup Richtung Motorradkiste. Die zwei Zollbeamte schauen uns begeistert beim Schrauben zu und helfen, wo sie können. Als wir ihnen die mitgeschickten Dosen Bitburger geben, bekommen sie das Grinsen nicht mehr aus ihrem Gesicht. Im Hof bei Martina und Enzo stehen jetzt 9 BMW’s. Die Steaks liegen auf dem Grill und wir fühlen uns wie zu Hause.
 
Feliz año nuevo
*** 1. Januar 2011 ***
Gestern sind wir mit dem Bus zum Fischmarkt am Strand gefahren und haben zwei fangfrische Reinetas (einheimischer Fisch) gekauft. Wir beobachten Pelikane und Seelöwen, die die Fischabfälle bekommen. Aktion ist beim Fressen angesagt. Der Panoramablick im Turmzimmer von Nicole & Dario (haben ihre viermonatige Hochzeitsreise mit den Motorrädern beendet) war traumhaft. Wir konnten das Feuerwerk entlang der Küste (30 km) beobachten. Es dauerte 20 Minuten und ist das Größte in ganz Südamerika. Valparaiso möchte nächstes Jahr mit dem Silvesterfeuerwerk ins Guinness Buch der Rekorde (wer braucht denn sowas?).
Wir wünschen Euch ALLEN ein frohes neues Jahr.
 
Vom 2.1. bis 6.1.2011
*** 6. Januar 2011 ***
Nach einer herzlichen Verabschiedung von der Villa Kunterbunt fahren wir endlich Richtung Süden. Die Glücksgefühle sind am explodieren.
 
Die Route führt am Lago Rapel (Mittagspause) vorbei, dann ein Stück am Meer entlang und abends stellen wir unser Zelt am Fjord auf. Einem älteren indianischen Paar kaufen wir selbst eingelegte Papayas ab, die wir gleich verschlingen. Wir beobachten seltene Schwarzhalsschwäne und liegen bald in unserem Nest. Außer der Brandung in der Ferne hören wir nichts.
Nach dem Frühstück fahren wir auf einer Sand- und Schotterpiste, bis das Wasser uns den Weg versperrt. Weiter geht es durch eine tolle Landschaft um den Lago Vichuquén. In Las Cañas essen wir direkt am Meer leckeren Fisch. Wir sehen ein Schild “Campingplatz Doña Lupita” und fahren einen sehr steilen Pfad hinunter; nichts ahnend, was uns am nächsten Tag beim Hochfahren bevorsteht. Satt und zufrieden schlagen wir unser Lager auf und schwimmen eine Runde im Rio Loanco.
 
Nachts fängt es so stark an zu regnen, dass vor unserem Zelt ein Sturzbach entsteht. Sogar die Besitzer haben Angst, dass wir weggeschwemmt werden.
Die Señora verkauft uns 2 Paar handgestrickte Socken und wir werden mit einem Küßchen verabschiedet. Leider hat der Regen auch die steile Auffahrt zur Straße glitschig gemacht. Das Gepäck hochtragen kommt ertstmal nicht in Frage. Claudi beobachtet das Ganze mit der Videokamera von einem sicheren Standpunkt aus. Motor warmlaufen lassen und mit Schwung hoch. Die ersten paar Meter waren noch griffig, dann wurde es matschig, ging mit den Stollenreifen grad noch so. Aber die Wasserrinnen in Fahrrichtung versetzen die Maschine so stark, dass ich in hohem Bogen absteige 
 
Wir packen den ganzen Krempel wieder ab und versuchen die Maschine auf dem schmierigen Boden aufzurichten. Nach einigen mühseligen Anläufen, die Maschine aufzustellen, kommt uns ein Chilene zu Hilfe. Nun konnte ich die BMW die letzten 300m Meter nach oben fahren. Er hilft uns auch noch das Gepäckt hochzuschleppen. Vom ersten Tag an treffen wir so viele freundliche Menschen, das ist echt unglaublich. Wir waren fix und alle und hatten 3 Tage Muskelkater.
Während der Mittagspause in Chanco parken wir unser Bike auf dem Bürgersteig. Die Polizei begutachtet uns und fährt winkend, freundlich grüßend vorbei. Oft werden wir bestaunt, angesprochen und die Männer beobachten uns so lange, bis wir weiter fahren. Über Coelemu geht es weiter durch Conceptión, wo wir außer ein paar Risse in der Straße, nichts mehr von dem schweren Erdbeen vom Februar 2010 sehen. In Laraquete übernachten wir im Residencial Costa Azul. Der Hausherr ist glücklich, dass wir schon die 2. deutschen Gäste in diesem Jahr sind. Nach dem Frühstück mit Kaffee, Tee, Avocado, Käse und getosteten Brötchen für 1,60 EUR pro Person, fahren wir über Lebu und Cañete zum Lago Lanalhue, wo wir uns vor dem Zeltaufbau direkt in die Wellen stürzen.
 
Wir kaufen einer Frau 2 frische Humitas (Maisbrei mit Zwiebel, Milch, Gewürze, in Maisblätter gewickelt und in Wasser erhitzt) ab, lecker.
Wir bauen unser Zelt ab und fahren Richtung Anden. Nach ca. 150 km sehen wir die ersten schneebedeckten Vulkane, traumhaft.
 
Vom 7.1. bis 12.1.2011
*** 12. Januar 2011 ***
Hinter Curacautin nisten wir uns 2 Nächte im Hostal Andenrose bei Hans aus Bayern ein (Tipp vom Reiseführer) und genießen das Schlaraffenland. Dies verstößt zwar gegen unsere Regel, nur bei Einheimischen zu übernachten, macht aber viel Spaß, da Hans ein lustiges Unikat ist. Während wir mit Klaus aus Sonthofen zur Laguna Blanca wandern, wird unsere Wäsche gewaschen. Es geht durch Araukarienwälder (die ältesten Bäume der Erde, sie werden 50 Meter hoch und über 2000 Jahre alt). Diese wunderschönen Exoten wachsen nur in diesem Gebiet. Wir amüsieren uns über das Wolkenspiel und bei jedem Sonnenstrahl zücken wir die Kamera. Am Vulkan Lonquimay vorbei, der zuletzt 1988 spuckte, stehen wir plötzlich auf einem riesigen Lavafeld.
 
Heute ist Schotterpistentag. Wir fahren über den Pass nach Lonquimay und erwischen den Vulkan mit blauem Himmel. Über einige sandige Spitzkeren kommen wir an der Laguna Galletué vorbei, dann geht es über Icalma nach Melipeuco. Unterwegs kommen uns einige Endurofahrer mit zügigem Fahrstil entgegen. Wir sind auf sie etwas neidisch, da wir mit unserer schwer bepackten GS doch etwas träge daher kommen. Nach 5 Stunden Schotter rauf und runter stärken wir uns mit Hähnchen. An einer Tankstelle werden wir von 3 KTM-Fahrern aus Santiago angesprochen, die  über’s Wochenende Verwandte besuchen möchten.
 
Wir greifen die nächste Piste an, kehren aber nach ca. 2 km schweißgebadet um, rutschen auf dem extrem schlechten Stück zurück und entdecken das Schild für den richtigen Weg. Das mit den Wegweisern ist so eine Sache: Findet man den Weg aus der einen Richtung nicht, dann spätestens beim Wenden.  Der rauchende Vulkan Villarrica (2850 m) kommt uns entgegen. Vor Pucòn stellen wir unser Zelt für 2 Nächte direkt am Lago Villarrica auf. Der 5-jährige Nachbarjunge will wissen, woher wir kommen, lässt sich gerne fotografieren, möchte auch ein Bild von mir und drückt mir beim Gehen ein Küßchen auf die Wange.
Wir fahren hoch zum Vulkan und erwischen ihn gerade noch, bevor die Sonne untergeht.
 
Triathleten machen sich für den Ironman am 15.01.2011 in Pucòn fit. Es hat über 30°C und wir erfrischen uns im eiskalten See.
Heute fahren wir das erste Stück auf der Panamericana, durch Valdivia (eine der Städte, die der Europäer Pedro de Valdivia im 16. Jahrhundert gegründet hat) und finden einen Campingplatz mit Blick auf die Bucht.
 
Die vier Backpacker aus Uruguay und Brasilien von nebenan fragen verzweifelt, ob wir Ihnen mit ihrer defekten Chipkarte der Spiegelreflex helfen können. Volker kann, dank Laptop und Internet. Überglücklich bedanken sich die jungen Leute und laden uns zu gegrilltem Fisch für den nächsten Tag ein. Aber wir fahren weiter zum Lago Llanquihue, dem zweitgrößten See Chiles. Wir sehen die Spitze des Vulkanes Osorno (2660 m) über den Wolken herausspitzeln und hüpfen vor Freude auf dem Motorrad. Der Platz am See ist so schön, dass wir gleich 3 Nächte buchen. Der Blick auf den Vulkan ist unbezahlbar
 
Auf dem Weg zum Supermarkt sehen wir die ersten deutschen Biker. Wir winken freudig und erkennen sie sogar wieder. Mit Dieter und Lutz aus Bayern haben wir die ersten Tage in Valparaiso verbracht. Sie übernachten zufällig auf dem gleichen Campingplatz und die Wiedersehensfreude ist groß. Wir tauschen unsere ersten Erlebnisse aus und sind nicht mehr sicher, ob wir es bis ganz nach „Unten“ schaffen werden.
 
Vielen Dank an alle Leser, für die netten und interessierten Kommentare   
 
Vom 13.1. bis 18.1.2011
*** 20. Januar 2011 ***
Von den strickenden Omi’s mit ihren schicken Häubchen kaufen wir Marmelade aus einheimischen Beeren (Murta) und essen leckeren Kuchen mit chilenischem Rhabarber (Pangue (Stiel=Nalca)). Dieser ist etwas größer als unserer, schmeckt dafür aber nach fast nichts.
 
In Begleitung der riesigen stechenden Pferdemücken (Colihuachos) laufen wir zur Laguna Verde.
Wir machen noch einen tollen Ausflug durch einen der schönsten Ulmo-Wälder Südchiles bis zum Fjord bei Ralún. Dann verlassen wir das Seen-Gebiet, wo viele deutsche Einwanderer leben, das in dem klasse Buch von Astrid Fritz „Der Ruf des Kondors“, so schön beschrieben ist. Von den zwei Bayern haben wir uns mit den Worten „vielleicht treffen wir uns ja zufällig wieder“ gebührend verabschiedet, da wir aber den gleichen Campingplatz-Geschmack haben, uns abends schon wieder begrüßt.
 
Mit der Fähre setzen wir über auf Chiloé, nach Feuerland die zweitgrößte Insel Südamerikas (9322 km² groß, ca. 180 km lang und 50 km breit). Ihre Wahrzeichen sind die 150 verschiedenen Holzkirchen. 16 davon gehören um UNESCO-Weltkulturerbe.
 
Die Hauptstadt Castro ist bekannt für seine Palafitos, bunt getünchte Stelzenhäuser oder Pfahlbauten. Da wir dauernd Lichthupe bekommen, schauen wir mit Adleraugen nach Radarfallen. Irgendwann merken wir, dass nicht nur die Fußgänger freundlich winken, sondern auch die Autofahrer.
 
Der Campingplatz, südlich des Nationalparks, ist traumhaft, das Wetter leider nicht. Sonne, Wolken, Sturm, Regen und das in Minutenabständen. Eine Vorhersage gibt es auch nicht. Hört man die Brandung von Westen, wird es schlecht, hört man sie von Norden wird es gut. Oder war es andersrum oder eine ganz andere Himmelsrichtung? Wir sind an einem Fjord mit einer vorgelagerten Insel, auf dem sich Pferde und Schafe tummeln. Das kleine Dörfchen mit Schweinen, Kühen und Hühnern im Vorgarten ist ruhig. Hier gibt es keinen Stress. Das Motto der Chiloten: Wer sich beeilt, verliert Zeit. Wir besuchen den Markt in Dalcahue, wo wir auch die chilenischen Biker von der Fähre wieder treffen.
 
Wir suchen Reifen in Castro. Die Abnutzung ist wesentlich höher als geplant! Man schickt uns von der einen Ecke der Stadt, in die andere. Nach 3 Stunden geben wir ohne Erfolg auf. Unser Profil (Continental TKC 80 Twinduro) am Hinterrad zeigt nach 2800 km deutliche Verschleißspuren. Ich denke, dass wir maximal 4000 km weit kommen. Der Ersatzreifen ist zwar in Valparaiso deponiert und wird von Martina in die von uns gewünschte Stadt geschickt, wir benötigen aber für die Gesamtstrecke noch mindestens einen weiteren Hinter- und Vorderreifen. Sollten wir diese in Chile oder Argentinien nicht bekommen, haben wir ein Problem.
Im Parque Nacional Chiloé wandern wir durch undurchdringlichen, verwachsenen Urwald mit jahrhundertealten Alercen. Papageienschwärme leuchten grün-orange in der Sonne, lassen sich aber nicht gerne fotografieren.
 
In einem gemütlichen Café essen wir Algenkuchen und ich bestelle einen Kräutertee. Die Señora bringt mir ein Glas und eine Schere (!?). Kaum habe ich ausgesprochen, dass ich jetzt in den Garten muss und schon steht eine große Blumenvase auf dem Tisch, voll mit verschiedenen Kräutern.
 
Eine der Haupteinnahmequellen der Insel war der Muschelfang. Seit 2002 wird sie in unregelmäßigen Abständen von der Marea Roja (Epidemie giftiger Mikroalgen) heimgesucht. Der Verzehr von Muscheln kann tödliche Folgen haben.
In einem netten Restaurant bestellen wir Fisch (glauben es zumindest) und bekommen einen Teller Muscheln, mit Parmesan überbacken. Wir schauen uns an, essen auf und hoffen, dass wir es überleben 
 
Vom 19.1. bis 28.1.2011
*** 28. Januar 2011 ***
Nachdem wir die Muscheln gut überstanden haben, traut sich Dieter an einen curanto en olla (Muscheleintopf dazu Fleisch, gekocht in Weißwein mit Knoblauch und Zitronensaft) Er bekommt eine riesige, übervolle Schüssel serviert. Lutz, Volker und ich greifen gleichzeitig zu den Fotoapparaten und lichten das üppige Mahl mit einem ooohhhh und aaaahhhh von allen Seiten ab. Dieter lässt sich nicht ablenken und findet außer den vielen verschiedenen Muscheln immer mehr: ein großes Stück Hühner- und Rindfleisch, eine dicke Wurst, etwas Ähnliches wie Kartoffelknödel, nur flach und viereckig….
 
Im Hotel warten wir um 9.00 Uhr auf das Frühstück. Eine struwelige Frau serviert es uns im rosa Bademantel.
Wir erfahren jetzt erst von der giftigen Spinne, die im ganzen Land verbreitet ist. Eigentlich soll man seine Kleidung und Schuhe ausschütteln, bevor man einsteigt. Hhhhhm.
Von Quellón, im Süden von Chiloé, fahren wir mit der Fähre nach Chaitén. Sie hat leider 3 Stunden Verspätung. Das ist schlecht für uns, da wir im Dunkeln ankommen und nicht wissen, wann wir eine Übernachtungsmöglichkeit finden. Die Überfahrt dauert 4 Stunden. Wir können wegen des schlechten Wetters nicht anlegen und müssen die Nacht an Bord verbringen. Das freut uns und wir schlafen gut auf 2 Dreierreihen. Irgendwann ist die Flut hoch genug, um auszusteigen. Hoppla, wo sind wir denn hier gelandet? Die Landschaft ist traumhaft. Riesige grüne Berge, an denen die Wasserfälle hunderte Meter in die Tiefe fallen. Fast wie Norwegen, nur exotischer. Wir steuern die Termas el Amarillo an. Dort können wir direkt am Thermalbecken unser Zelt aufstellen. Die „Geisterstadt“ Chaitén ist wegen der letzten Vulkanausbrüche 2008 und 2009 nicht ganz bewohnbar. Viele Häuser sind vom Schlamm vernichtet.
Abends tauchen wir in die bis zu 50 Grad heiße Therme, schauen in den blauen Himmel und auf die grünen Berge, die von der untergehenden Sonne angestrahlt werden. Ein Mann spielt auf einer Ukulele, ein unvergesslicher Moment.
Eine KTM mit einem französischen Paar kommt. Beide Koffer sind voller Aufkleber und das Nummernschild ist vor Schmutz nicht mehr lesbar. Aurel ist durch Afrika gefahren und hat in Buenos Aires Marion aufgegabelt, fährt mit ihr noch bis in die USA und nach Asien. Die Reise dauert insgesamt 2 Jahre (NEID).
 
Die KTM sieht schon etwas mitgenommen aus. Die Radialwellendichtringe der Federgabel sind hinüber und das noch vorhandene Gabelöl tropft auf die Bremsscheiben, was den Bremsweg „etwas“ verlängert. Die 2 in 1 Auspuffanlage (Akrapovich) wurde schon in Afrika geflickt und scheppert wie eine alte Blechdose. Die Zega Alu-Koffer mussten an den Aufhängungen verstärkt werden. Die Reifen sind mit 11000 km auch runter, sollen aber noch bis Santiago (3000 km) halten. Den zusätzlichen Trinkwasserbehälter haben sie unterwegs verloren. Die beiden sind sehr minimalistisch unterwegs, haben nur eine Packrolle hinten quer, die zwei Alu-Koffer, zwei Packtaschen und fahren mit Wanderschuhen und Trekkinghosen aber mit Motorradjacken. Aurel hat für seine Weltreise 12 Sponsoren gefunden, obwohl er nicht vorhat, die Tour in einem Buch zu dokumentieren.
Weiter geht es auf der Carretera Austral, eine nicht asphaltierte Straße, die zu Pinochets Zeiten für Militärzwecke gebaut wurde. Die Landschaft ist der Hammer, die Urwaldriesen ragen bis in den Himmel. Für unsere Vesperpause finden wir ein schattiges Plätzchen unter einem Carport.
 
Unsere 500 kg fliegen über unzählige Schlaglöcher. Wahnsinn, was Maschine und Fahrer leisten. An dieser Stelle ein dickes Lob an BEIDE. Volker fährt oft im stehen, um das Bike besser über den Schotter balancieren zu können. Manchmal ist es rutschig, aber er schlägt sich tapfer.
Zum ersten Mal benötigen wir unser Verbandszeug. Die Schnittwunde ist aber so tief, dass sie genäht werden muss. Der arme junge Mann hat beim Abschneiden eines Nalca-Stengels (den man gegen Hunger und Durst auslutschen kann) den Zeigefinger erwisch. Mit blutüberströmten Händen winkt er uns und Volker schnallt das Gepäck ab, um an die Alkoholtupfer zu kommen. Wir halten ein Auto an, damit der Chilene mitgenommen werden kann. Als ich den überladenen Kofferraum sehe, frage ich, wie lange sie denn unterwegs sind. Der Mann aus Israel ist eigentlich nur mit seinem Sohn hier, hat aber 3 Backpacker mitgenommen. Wir versorgen die Wunde notdürftig, waschen das Blut weg und geben dem Verletzten etwas Wasser.
 
Wir fahren an einigen Trampern und Radfahrern vorbei in den Nationalpark Queulat. Direkt im Park gibt es schöne Plätze. Eine kleine Wanderung führt an den Gletschersee mit Blick auf den tosenden Wasserfall.
Von Dieter und Lutz verabschieden wir uns nun endgültig, denn auf diesem Kontinent werden wir uns nicht mehr sehen. Eigentlich reisen wir gerne alleine, aber die Abende mit den angenehmen Zeitgenossen werden uns fehlen.
Beim Frühstücken beobachten wir Kolibris, die blitzschnell von Blüte zu Blüte fliegen. Bevor wir durch den Regenwald, vorbei an 20 Meter hohem Bambus, verschiedenen Farnen, Moosen und Flechten, zum Gletscher hinauf wandern, stärken wir uns erst mal im umgebauten Omnibus am Parkeingang. Das Ehepaar mit zwei kleinen Kindern versorgt hier während der 3-monatigen Ferienzeit von Dezember bis Februar die Touristen mit Sandwich, Brot und Getränken.
 
Am Aussichtspunkt angelangt beobachten wir eine Schar junger Mädchen und Jungs aus Israel und warten, bis es wieder ruhiger wird. Ein junger Mann packt Kocher und Topf aus, setzt einen schwarzen Kaffee an und reicht uns ein eierbechergroßes Gefäß. Wir nehmen gerne an. Die Israelis haben die Armee beendet und reisen mit einem Mietauto schon monatelang durch ganz Südamerika. Ein Stück Gletscher donnert lautstark in die Tiefe.
Beim Abstieg kommt uns ein weißbärtiger Mann entgegen. Er spricht uns gleich an, da wir zusammen die Fähre verlassen haben. Der Spanier aus Barcelona ist seit 2 Monaten Rentner, hat Zeit ohne Ende und möchte mit seinem Fahrrad bis nach Villa O’Higgins. Ich kann es nicht fassen, dass er genauso schnell unterwegs ist, wie wir.
Heute können wir unser Zelt erst spät abbauen, da es den ganzen Vormittag geregnet hat. Wir fahren noch über einen schönen Pass und stehen plötzlich vor einer frisch aufgeschütteten sandigen Piste die noch nicht verfestigt wurde. Uns stockt erst mal der Atem. Ich steige ab und mache einen Probelauf. Volker versucht es, teilweise mit durchdrehenden Reifen (ASC off), schafft die 200 Meter aber doch. Die Kupplung stinkt!
Da es schon recht spät ist, biegen wir in eine Seitenstraße und fahren in das kleine Dorf Puerto Cisnes, das an einem Naturhafen liegt. Sie bereiten ein Fischerfest vor und wir bekommen das letzte freie Zimmer für 2 Nächte mit Etagenbett.
Wir setzen uns an einen Tisch zwischen Nähmaschine, Bügeleisen, Wäscheberg und warten auf das Frühstück. Als um 9.30 Uhr noch niemand auftaucht, werfen wir den Wasserkocher an, um uns mit Nescafé zu wärmen. Bald kommt die Oma und stellt uns 4 harte Brötchen, salzige Butter, leckere Pflaumenmarmelade hin und befeuert den Holzherd. Während wir Tagebuch schreiben, huschen 3 Generationen an uns vorbei. Nebenan wird gekocht und Brötchen gebacken.
 
Vom 29.01. bis 04.02.2011
*** 6. Februar 2011 ***
An den liebevoll geschmückten Ständen auf der „Fiesta del pesca’o frito año 2011“ gibt es viel Selbstgemachtes. Wir naschen alfajores (Doppeldeckerkekse), mit einer Füllung aus manjar (chilenisch) oder dulce de leche (argentinisch für eine Art Karamel), mit Schokolade überzogen und Kokosraspeln bestreut. Die Chilenen und Argentinier streiten sich darum, wer die Besten macht. Abends hören wir Live-Musik. Die Folkloregruppe spielt in hübscher Tracht auf eigenartigen Instrumenten. Ein Paar hüpft nach Vorne gebeugt, mit einem Taschentuch wedelnd zum Rhythmus. Sieht aus, wie ein Balztanz. Dann kommt eine klasse Band. Wir tauchen in die patagonische Musik ein, lassen uns treiben und bekommen um uns herum nichts mehr mit. Es werden Bilder von vergangenen Festen gezeigt, auf denen ein Holzhäuschen (das hier schon im Wasser bereit steht) mit Booten an Land geschoben und dann von den Bewohnern mit Tauen vom Ufer weggezogen wird. Gerne würden wir uns das Spektakel anschauen, aber wir wollen weiter zum Lago General Carrera (2240 km²), dem größten See Chiles und nach dem Titicacasee zweitgrößten in Südamerika.
 
Wir fahren weiter nach Süden und können meilenweit in das schöne Tal des Rio Simpson blicken. Vorbei an sumpfigen Lagunen und Moorlandschaften, die wir leider nicht ablichten können. Immer wieder hängt eine Wolke zu tief, die uns benässt. In Villa Cerro Castillo wollen wir übernachten. Da sich aber bereits hunderte Jugendliche für eine große Party niedergelassen haben, flüchten wir schnell. 11 km weiter stellen wir unser Zelt an einem herrlichen Platz, zwischen Hühnern, Küken, Alpacas, Schafen, Kühen …, auf und lassen uns die frischen Eier schmecken.
 
 
Ab und an treffen wir Deutsche, die Job und Wohnung gekündigt haben und auf unbestimmte Zeit durch die Welt reisen. Dieser Gedanke gefällt uns immer besser. Ahhhh, der Lago Carrera leuchtet uns mit seinem grellen Türkis entgegen. Eine Landschaft, wie im Bilderbuch. Ausgehungert setzen wir uns in ein Restaurant und essen frischen Fisch vom See. Sogar einen Crepé mit dulche de leche und Sirup gönnen wir uns. Wieder hergestellt wollen wir uns erkundigen, wann und wo die Boote zu den Capillas de Mármol ablegen und schon sitzen wir in einem. Mit vollem Magen donnern wir über die Wellen. Wir fahren sogar in die Felsenhöhle aus hellem vieladrigem Marmor hinein. Die 3 Brasilianerinnen und ich jauchzen bei jedem Hüpfer freudig. Volker muss auf dem Rückweg wegen der Gewichtsverlagerung und der hohen Wellen auf dem Boden sitzen, was ihm allerdings nicht gut bekommt.
 
Zum Glück sind die Unterkünfte vor Ort zu teuer und wir fahren noch 50 km zum nächsten Campingplatz direkt am See. Von dem Panoramablick auf die schneebedeckten Berge können wir uns nicht mehr losreisen und wir bleiben 3 Nächte. Wir wollen ohne Gepäck eine Tagestour nach Chile Chico, der letzten Stadt am See vor dem Grenzübergang nach Argentinien, machen. Laut Reiseführer gehört die 120 km lange Straße zu den schönsten Routen in ganz Patagonien. Wie wahr, unsere Helmkamera steht kaum still. Chile Chico ist ein sehr schön angelegtes Dorf mit ungewöhnlich sonnigem und trockenem Mikroklima. Durch die bis zu über 4000 m hohen Berge gelangt die pazifische Regenfront nicht in diese Region. Die Felder müssen künstlich bewässert werden und dort wachsen Obst und Gemüse, das sonst nur in Zentralchile gedeihen kann. Wir trinken einen frischen Melonen- und Himbeersaft und freuen uns auf die tolle Rückfahrt mit abenteuerlichen Kurven am Steilufer des lang gestreckten Sees.
 
Heute fahren wir über den Paso Roballo nach Argentinien, da es über Chile nicht weiter in den Süden geht. Durch eine wunderschöne Landschaft vorbei an Bergen in verschiedensten Formen und Farben. Guanacos (Lamas) kreuzen oft unseren Weg, Ñandus (Strauße) laufen mit uns um die Wette, wilde Pferde beobachten uns misstrauisch und wir entdecken die ersten Flamingos. An der chilenischen Grenze geben wir unsere 3 Papiere ab und bekommen die Passstempel. Vor der argentinischen Station essen wir noch unsere verbotene Einfuhrwahre (Wurst und Käse), werden aber weder nach Essen gefragt, noch durchsucht. Der Beamte stempelt, händigt uns ein Papier aus und wir betreten zum ersten Mal Argentinien.
 
Die Piste ist mehr schlecht als recht. Vorder- und Hinterrad gehen oft eigene Wege. Nach einer fast endlosen Fahrt kommen wir endlich an unseren ersten Stop. Das Dorf Bajo Caracoles, bestehend aus 5 Häusern, einer Tankstelle und 2 Unterkünften. Im Hinterhof des Hostals können wir zelten. Die Besitzer machen eine leckere Pizza, die gleich verschlungen ist. Wahrscheinlich leben hier so viele Hunde, wie Menschen. Die ganze Nacht durch bellt und heult es aus einer anderen Ecke. Da ist auch der Schnarcher im Nachbarzelt egal. 
 
Wir besuchen die Cueva de las Manos. Dort bestaunen wir 9300 Jahre alte Felsmalereien, die 1881 entdeckt wurden. Im Dorf konnten wir alles mit Dollars bezahlen, da wir ja auch seit der Grenze noch keine Möglichkeit zum Geldholen hatten. Der Eintritt für die Cueva kann nur in Peso bezahlt werden. Der junge Argentinier, mit dem wir bereits auf dem Parkplatz erzählt haben, tauscht unsere Dollars. Puh, beinahe wäre die 50 km lange Holperpiste umsonst gewesen. Wir laufen an einem wunderschönen Canyon entlang und sehen einen Kondor. Majestätisch gleitet der größte flugfähige Vogel an uns vorbei.
 
 
Da wir dringend Geld benötigen, machen wir einen kleinen Umweg nach Grobanador Gregores. Die Stadt liegt 220 km entfernt und dort können wir bestimmt auch Motoröl kaufen. Pampa bis zum Horizont. Die Straßen werden immer mehr asphaltiert. Schade, denn es nimmt der Landschaft ein Stück Natur und dem Reisen etwas Abenteuer. Die Meinung kann sich aber schnell wieder ändern. In der City finden wir ein nettes Hotel, der Geldbeutel ist gefüllt, das Bike mit Öl und wir mit argentinischen Rindersteaks gefüttert. Die Freude hält nicht lange. Wir wollen nach El Chaltén und El Calafate, fragen aber vorher bei der Polizei, ob der Zettel vom Zollbeamten wirklich die Versicherung (in Argentinien für das Motorrad zwingend) ist. Natürlich nicht. Die kann man nur in Comandante Luis Piedra Buena abschließen. Super, das liegt entgegengesetzt unserer geplanten Route. Aber da wir ohne Versicherung eigentlich nicht fahren dürfen, müssen wir den Umweg in Angriff nehmen. Die Straße ist asphaltiert, wird aber wegen Reparaturarbeiten auf einen vom Regen aufgeweichten Schlammweg umgeleitet. Unmöglich für uns. Wir brechen die Regel und umfahren lieber die ausgefrästen Löcher. Aber auch der Teer hört irgendwann auf und wir müssen auf den Sandweg. Von weitem sehen wir die breitere Straße, freuen uns und liegen in einem Schlammloch. Der Morast ist so dick, dass wir kaum die Füße heben können.
 
Gepäck runter, Maschine aufstellen, Gepäck drauf und im Schritttempo weiter. Die Piste wird immer glitschiger, es fängt an zu regnen und wir haben noch über 50 km vor uns. Ausgerechnet in dieser Region kommt nur alle 200 km eine Ortschaft. Wir müssen stoppen, da wir so nicht mehr vorwärts kommen. Zurück geht auch nicht. Ein LKW hält, der Beifahrer steigt aus und einer von uns könnte in die Stadt mitfahren, um das mit der Versicherung zu regeln. Ich möchte nicht mitfahren und Volker will mich nicht alleine am Bike lassen. Wir bedanken uns und er steigt wieder ein. Jetzt kommt der Fahrer und lässt nicht eher locker, bis Volker einsteigt. Ich stelle mich auf ein stundenlanges Warten ein und helfe dem Moped beim Kampf gegen den Wind. Nach 5 Minuten sind sie schon wieder da. Als Volker mitbekommen hat, dass in 10 km die Straße asphaltiert ist, wollte er sofort aussteigen, um es zu probieren. Sie fahren ihn aber bis zu mir, laden mich und die 2 großen Packsäcke ein und folgen der BMW. Ohne Gepäck und Sozia kann die GS einigermaßen navigiert werden. Das Problem sind aber die stellenweise lehmigen und schlammigen Abschnitte, bei denen sich die Reifen nach einer Umdrehung zusetzen. Dann geht es nicht mehr nach vorne, sondern unkontrolliert seitwärts und die Balance geht schnell verloren. Auch als die glatten Passagen kommen, bleiben wir hinten dran.  Zum Glück, denn Volker verliert, ohne es zu bemerken, unseren Rucksack. Gekonnt weicht der Brummi-Fahrer aus, legt den Rückwärtsgang ein und bringt das nasse Teil in den Truck. Endlich in der Stadt angekommen, nimmt er kein Geld von uns an und wir winken so kräftig zum Abschied, wie wir können. Total Happy fahren wir in das Zentrum.
 
Es ist Freitagabend und wir suchen sofort die Versicherung. Schlammverschmiert stehen wir in dem kleinen Büro und erfahren, dass dies hier nicht möglich ist, sondern in El Calafate. Das ist jetzt aber nicht wahr. Bei dem Wetter können wir die Straße nicht zurückfahren und sitzen fest. Frustriert suchen wir eine Unterkunft. Alle Hotels sind belegt und wir finden kein Zimmer. Dafür einen Wasserschlauch, mit dem wir uns säubern. Abenteuer gesucht, Abenteuer gefunden, aber noch nicht überstanden.
 
Wir haben es geschafft!
*** 8. Februar 2011 ***
Wir sind am 07.02.2011 um 14:30h nach 5620 km in Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt, angekommen.
 
Vom 05.02. bis 10.02.2011
*** 11. Februar 2011 ***
Wir finden einen Campingplatz auf der Insel im Fluss, die Sonne kommt raus und die Welt ist wieder in Ordnung. Natürlich warten wir nicht, bis die Straßen Richtung Westen trocken sind, sondern ändern unseren Plan und fahren auf der Ruta 3 direkt nach Süden.
An der argentinischen Grenze stellen wir uns erst in die eine Schlange, um drei Zettel und Passstempel zu bekommen und dann in die andere, um wieder einen Zettel herzugeben. Ein Stück weiter an der chilenischen Grenze: erster Schalter Stempel und dritter Zettel weg. Zweiter Schalter Motorradzettel und dritter Schalter Lebensmittelzettel. Vor dem Durchfahren werden wir noch gefragt, ob wir wirklich keine tierischen Lebensmittel dabei haben. Wir steuern auf die Magellanstraße zu und fahren direkt in die Fähre, die gleich ablegt.
 
Yaaeeeehh, wir sind auf Feuerland, ein tolles Gefühl. Wir verlassen Chile und sind schon wieder in Argentinien, mit jeglichem Papierkram. Also wer diese Grenze gezogen hat?!?!?
Der unermüdliche ca. 120 km/h starke Seitenwind zerrt an unseren Helmen. Das Motorrad ist schwer zu bändigen. In Rio Grande finden wir ein tolles Hostal und stärken uns für den letzten Ritt. Kurz vor Ushuaia wird die Aufregung immer größer. Wir fahren durch eine verwunschene Landschaft aus knochigen Bäumen, voll mit hellgrünen Flechten, die nur in ganz sauberer Luft wachsen. Vom eisigen Wind ausgefroren wärmen wir uns mit einer Pizza auf. Weiter geht es an einem riesigen See vorbei, mit zum Teil schneebedeckten Bergen im Hintergrund. Noch über einen Pass und wir haben es fast geschafft.
Ein Guanaco läuft auf die Straße und bleibt stehen. Im letzten Moment entschließt es sich, doch nicht überfahren zu werden. Kurze Schrecksekunde für den Fahrer, denn durch das entgegenkommende Auto gab es keine Ausweichmöglichkeit.
Mit Gänsehaut fahren wir in die südlichste Stadt der Welt. Unsere Freude ist unbeschreiblich groß.
An der Ampel stehen zwei Biker neben uns. Als wir fragen, woher sie kommen, meint der eine: ich bin in „Germersche“ geboren! Wir treffen die zwei Weltenbummler später noch.
Zuerst machen wir unser Begrüßungsfoto am Hafen.
Der Campingplatz am Ende der Stadt ist wunderschön. Das Privatgrundstück ist riesig und wir können unser Zelt aufstellen, wo wir wollen. Nur nicht zu nah am Fluss, da vor kurzem ein Zelt von einem Jäger durchschossen wurde. Mit Christian und Reinhold sitzen wir bis spät in die Nacht am Lagerfeuer.
Jetzt heißt es für meinen Fahrer erst einmal pausieren. Ich bin ganz stolz auf ihn, denn er hat das harte Stück super gemeistert. Von der Tour sind wir etwas aus der Form geraten: der Hintern ist breiter vom Sitzen, die Wirbelsäule kürzer vom Schotter und der Hals vom permanenten Seitenwind schief.
 
Wir machen einen Stadtbummel durch die vielen Souvenirläden, die irgendwie alle das Gleiche verkaufen und buchen eine Tour zur Pinguininsel.
Nach dem Frühstück fahren wir eine herrliche Strasse (90 km) zur ältesten Estancia „Harberton“ von Patagonien. Der britische Missionar Thomas Bridges hat hier im 19. Jahrhundert versucht, die bedrohten Yahgan-Indianer Südfeuerlands zu schützen. Ihm verdanken wir das intensive Studium dieser Ureinwohner, die mit Kanus die Kanäle befuhren. Von den ersten Europäern wurden sie als eine Art seltsame Tiere betrachtet.
Mit dem 400 PS-Schlauchboot fahren wir über den Beagle-Kanal zur Magellan- und Humboldt-Pinguin-Kolonie. Vorsichtig rutschen wir an Land und stehen inmitten der neugierigen Tiere. Unser Guide Santiago erzählt uns alles über die flinken Schwimmer, die sich im Meer waschen und putzen. Er liebt seinen Beruf und das merkt man ihm an. Wir schauen uns noch die inzwischen großen Babys an und verlassen die Insel wieder. Bei 26°C dampfe ich in den Motorradklamotten. Dieser würde ich mich gerne entledigen und ins Meer eintauchen. Aber bei 6°C Wassertemperatur käme ich nicht weit.
 
Das Lagerfeuer ist heute noch größer, denn 3 Biker aus Dänemark leisten uns Gesellschaft.
Natürlich möchten wir noch an das Ende der Ruta 3 fahren. 20 km durch den Nationalpark, weiter geht es dann nur noch per Schiff, denn danach kommt das ewige Eis der Antarktis. Pedro, unser Glücksbringer von den AOK-Kollegen, durfte auch auf das Bild.
 
Ein absoluter Touristenplatz. Omnibusse ohne Ende, nur um ein Schild abzulichten, schrecklich. Das haben wir auf der ganzen Reise nicht erlebt. Menschen aus der ganzen Welt (mit Schiff und Flugzeug) fragen wie üblich: wo kommt ihr her, wo fahrt ihr hin, wie lang seid ihr unterwegs, wie kommt das Motorrad nach Südamerika… Die ersten Japaner tauchen auf. Nachdem Sie ihre Fotos gemacht haben, schleichen die kleinen zierlichen Menschen um uns herum und begutachten uns neugierig. Volker bietet einem Herrn an, sich auf das Bike zu setzen und er freut sich, wie ein kleines Kind. Jetzt wollen natürlich alle Männer. Die Übersetzerin erzählt unsere Geschichte und wir zwei sollen uns auf die Adventure setzen. Mit einem aaaaahhhhhh werden wir von allen abgelichtet und fühlen uns wie Stars. Volker startet den Motor und es kommt ein ooooooohhhhhhh. Glücklich und zufrieden verabschieden sich die Asiaten und wir schmunzeln den ganzen Tag darüber.
 
Vom 11.02. bis 20.02.2011
*** 21. Februar 2011 ***
Respekt vor den vielen Radfahrern, die es bis nach Ushuaia schaffen. Sie trotzen Sturm, Regen und hunderte Kilometern Schotterpiste.
Auf dem Rückweg passieren wir wieder die Grenze und fahren in Porvenir auf die Fähre. Die 2 ½-stündige Fahrt über die Magellanstraße (benannt nach dem Portugiesen Ferdinand Magellan, der 1520 die mühsame Fahrt durch die Meerenge bewältigte) ist ruhig. Vor 2-3 Wochen konnten einige nicht auf Feuerland übersetzen, da die Arbeiter an der Fähre streikten.
Wir gehen in Punta Arenas, der südlichsten Kontinentalstadt, an Land und finden ein tolles Hostal. Die hohen Wände und die alten Möbel erinnern an die Kolonialzeit. Als wir im Bett liegen, tropft es von der Decke. Nachts fängt irgendetwas an zu vibrieren und klappern. Da wir keine Ursache finden, tippt Volker auf Kakerlaken. Im Nebenzimmer muss ein Walross liegen, denn so ein Geschnarche habe ich noch nie gehört. Auf der Straße fahren Autos, scheinbar ohne Auspuff, Rennen.
Am nächsten Tag fahren wir gleich weiter Richtung Norden, da wir in 10 Tagen noch einmal in die Stadt kommen, um unseren Ersatzreifen in Empfang zu nehmen.
Wir steuern direkt den Nationalpark Torres del Paine an, einer der Höhepunkte jeder Chilereise. Traumhafte Landschaft mit Bergen, die zerklüftet, bedeckt mit vielen Gletschern, umrahmt von blaugrünen Gletscherseen, steil aus der Erde schießen. Sogar die Kanadier, die die Rocky Mountains kennen, kommen ins Schwärmen. Wunderschön sieht es wohl aus, wenn die Wolken nicht bis zum Boden hängen! Naja, abwarten und Matetee trinken.
 
Am nächsten Mittag zeigt sich der blaue Himmel und wir können nicht mehr aufhören zu fotografieren. Fasziniert beobachten wir das Wolkenspiel.
Der Campingplatz ist traumhaft, wir haben das bis zu über 3000 Meter hohe Bergmassiv direkt vor der Nase.
 
Wir machen eine kleine Wanderung zu einem Rundumblick. Das patagonische Wetter lässt grüßen. Sonne, Sturm und Regen wechseln ständig. Bei jedem Windstoß haut es mich um. Der Regen peitscht ins Gesicht, wie Nadelstiche. Aber der Ausblick ist der Hammer.
 
Die Nacht ist windstill und regenfrei. Immer wieder raschelt und knistert es am Zelt. Morgens bekommen wir unseren Verdacht bestätigt: eine Maus hat im Vorzelt unseren Zipp-Beutel mit dem Milchpulver angeknabbert.
Für heute 15.30 Uhr haben wir eine Bootsfahrt zum Grey-Gletscher gebucht. Wir sind rechtzeitig am Lago Grey, um im Hotel die Tickets abzuholen. Das einzige Boot ist kaputt und die Tour vor uns wurde bereits gecancelt. Geduldig warten wir und werden mit einer tollen Tour belohnt. Eine Stunde fahren wir den langen See entlang, in dem viele Eisschollen treiben. Diese schmelzen erst in 3-12 Monaten. Wir halten direkt vor der 25 Meter hohen Gletscherwand, die noch 250 Meter in die Tiefe geht. Als Überraschung werden Whisky oder Pisco Sour (chilenischer Traubenschnaps mit Limonensaft und Zucker)  mit uraltem Gletschereis serviert. Da ich fast nie Alkohol trinke, bin ich bald so blau wie der Gletscher.
 
Jeden Tag beobachten wir Kondore, die mit Ihrer Spannweite von bis zu 3,20 Metern in die Höhe kreisen, bis sie als schwarzen Punkt im Himmel verschwinden. Kreischende Papageien und viele andere unbekannte Flugobjekte begleiten uns. Es wird immer beständiger und wärmer. Wir wandern an einem Wasserfall vorbei und kommen den Bergen etwas näher. An unserem Ziel machen wir Picknick und genießen die schöne Aussicht.
 
Nach diesen „Spaziergängen“ greifen wir heute eine 18 km-Wanderung an. Bei der 35-Kilometeranfahrt ändert sich die Landschaft total.
 
Es geht schnell in die Höhe, um einen Berg herum, durch Wälder aus kleinen Bäumen, die wie eine Märchenlandschaft aussehen. Hoch und runter, an einem Fluss entlang, über kleine Holzbrücken, und die letzten paar hundert Meter steil über dicke Felsbrocken zum gigantischen Ausblick auf die Torres (Mirador los Torres). Hier ist ganz schön was los. Viele junge Menschen laufen diesen Weg (wir gehören da zum älteren Semester). Schön, dass sich so viele Leute für die Natur interessieren.
 
Meine kurzen, untrainierten Beine sind müde und die letzten Meter beim Abstieg bin ich nur noch am Stöhnen. Bei der Rückfahrt steht die Sonne so tief, dass wir nach jeder Kurve blind sind. Kurzzeitig kommt eine Sturmböe und wir stehen im Graben.
Die ganze Nacht schleicht etwas um unser Zelt. Vielleicht war es der Fuchs, der uns beim Abbauen beobachtet.
 
Als Abschluss gönnen wir uns ein Frühstück im Panoramarestaurant. Es läuft gute Musik und wir sind mit Blick auf die Berge wunschlos glücklich. Der Abschied von einem der schönsten Nationalparks, den wir bis jetzt gesehen haben, fällt uns nach einer Woche sehr sehr schwer, dem Geldbeutel allerdings nicht.
 
Auf dem Rückweg besuchen wir noch die Cueva del Milodón. 1895 hat hier der deutsche Hermann Eberhard in einer großen Höhle gut erhaltene Fell- und Knochenreste entdeckt. Diese gehörten zu einem pflanzenfressenden Riesenfaultier, welches am Ende des Pleistozäns (ca. 10000 v. Chr.) ausgestorben ist.
 
Schon sind wir wieder in Punta Arenas. Hier treffen sich der atlantische und der pazifische Ozean. Wir suchen ein zentrales Hostal und nehmen gleich das erste. Es ist etwas gewöhnungsbedürftig und die Beschreibung unseres Zimmers und des Bades für alle Gäste lasse ich lieber.
Ich päpple Volkers Geburtstagsfrühstück mit Obst, Joghurt, Kerze und kleinen Geschenken etwas auf. Die Omi gratuliert ihm auch mit Küsschen. Wir laufen ins Zentrum, gehen lecker Fisch essen und spazieren ins La Chocolatta.
 
Feliz cumpleaños
 
Vom 21.02. bis 28.02.2011
*** 28. Februar 2011 ***
Wir erkundigen uns nach dem Tour Bus Büro, bei dem wir unseren Hinterreifen abholen können. Wie immer, wenn wir etwas suchen, werden wir von einer Stelle zur anderen geschickt. Nachdem wir das ganze Zentrum abgeklappert haben, finden wir es endlich. Der Reifen ist da und wir tragen ihn ins Hostal. Danach steuern wir noch mal das Kaffee mit der hausgemachten Schokolade an und futtern uns den Bauch voll.
 
Auf der Plaza de Armas mit dem Magellan-Denkmal und den vielen kleinen hübschen Souvenirständen höre ich einem singenden Gitarrenspieler begeistert zu.
 
Den neuen Reifen schnallen wir auf’s Bike und lassen ihn bei einer „Gomeria“ wechseln. Einen neuen Vorderreifen finden wir trotz hilfreicher Unterstützung leider nicht. Die einzige mögliche Stelle ist gerade selbst auf Motorradreise. Da wir aber nicht länger in Punta Arenas bleiben wollen, können wir auch keinen mehr in Santiago de Chile bestellen und ihn hierher liefern lassen. Was soll’s, 2000 km muss er mindestens noch halten!
Wir treffen Greg und Emma aus England, die unseren nächsten Traum leben: sie haben zu Hause alles verkauft und reisen mindestens 3 Jahre mit ihrem Land-Rover, Fahrrädern, Kanu…  um die Welt. Sie haben tolle Bilder auf ihrer homepage.
Der sehenswerte Friedhof wurde inzwischen zum Nationaldenkmal erklärt. Ende des 19. Jahrhunderts haben sich hier die reichsten Familien Menéndez und Braun von Punta Arenas (Viehzüchter) haushohe Mausoleen bauen lassen.
 
In unserer Unterkunft bekommen wir Gesellschaft von einem netten deutschen Paar aus dem Schwabenland, das bereits seit 7 Monaten in ganz Amerika unterwegs ist. Gerne hätten wir noch mit den beiden erzählt, doch die Reise geht weiter. Die Señoras servieren uns ein leckeres Abschiedsfrühstück mit Spiegelei, Wahlnusskuchen usw.
 
Gestärkt und ausgeruht machen wir uns auf, zur bisher längsten Tagesetappe von 601 km. Nachmittags haben wir argentinischen Boden unter den Rädern. Toll, hier gibt es wieder die besten Holperstrecken mit den größten Steinen. Damit man auch ja lange genug den Blick auf die endlose Pampa genießen kann,  werden kilometerlange Sandstrecken eingebaut, auf denen man mit vollbepacktem Krad maximal 30 km/h fahren kann.
 
Abends erreichen wir El Calafate (Calafate ist eine patagonische Blaubeere, etwas härter als unsere Heidelbeere. Wir essen viel davon, denn bei ihrem Verzehr kommt man wieder nach Patagonien). Die Stadt hat 10.000 Einwohner, die vom Tourismus leben und wird auch die Gletscher-Hauptstadt genannt. Sie liegt am Lago Argentino (1600 qm), dem größten See Argentiniens und dem drittgrößten Südamerikas. 70 km weiter erreichen wir einen wunderschönen, ruhigen und freundlichen Campingplatz am Lago Roca. Nach diesem langen „Ritt“ schlafen wir tief und fest. Bei strahlendem Sonnenschein und 25° C fahren wir in den Nationalpark Los Glaciares zum Perito-Moreno-Gletscher (UNESCO-Weltnaturerbe). Einer der wenigen weltweit, die kontinuierlich wachsen (1-2 cm pro Stunde). Er ist 5 km breit, 60 km lang und ragt ca. 60 Meter aus dem Lago Argentino. Wir freuen uns über jedes kleine Eisstück, das ins Wasser fällt. Ich filme und plötzlich fängt er direkt vor unserer Nase an zu kalben und das mehrmals. Haben wir ein Glück. Volker hat 350 Bilder geschossen.
 
Wir packen für die Weiterfahrt. Ein Argentinier kommt mit seinem kleinen Sohn, das Bike zu begutachten. Er erzählt viel, ich verstehe nichts. Nach seinen Handzeichen zu urteilen, hat er mich wohl in sein Herz geschlossen und will mich unbedingt küssen. Da ich nicht unhöflich sein möchte, halte ich ihm traditionell meine Wange hin und er geht zufrieden.
Vorbei am Lago Viedma erreichen wir mit extremem Gegenwind El Chaltén, ein Kletter-Paradies. Hier leben 500 Einwohner, zu denen sich im Sommer 60.000 Touristen gesellen. Den Monte Fitz Roy (3.405 m) und Cerro Torre (3.133 m) können nur die weltbesten Bergsteiger erklimmen. Die Spitzen dieser Massive sind angeblich selten zu sehen. Bei unserer Ankunft sind die Wolken so schwarz und dicht, dass wir nicht einmal ahnen können, wo sie überhaupt stehen. Wir wärmen uns mit Kaffee, Tee, Käsekuchen und warten, bis es aufhört zu regnen. Dann kommt Kurt. Der Schweizer sitzt plötzlich an unserem Tisch und ist überglücklich, nach 6 Wochen Südamerika endlich die ersten deutschen Biker zu treffen. Er hört nicht mehr auf zu erzählen und wir hören interessiert zu. Der Himmel wird klar und wir erleben unseren ersten Nachtfrost (im Zelt waren es 2°C). Allerdings nur an der Nasenspitze, denn im Schlafsack ist es mollig warm.
 
Mit Kurt wandern wir zu den 3 Torres-Türmen. Auf dem Hinweg lichten wir sie bei blauem Himmel ab, an der Laguna Torre mit weißem Himmel und auf dem Rückweg verschwinden sie ganz in den Wolken. 
 
Christian und Reinhold, die wir in Ushuaia getroffen haben, treffen auch ein. Heute wollen wir zum Monte Fitz Roy wandern. Unterwegs fängt es an zu regnen. Irgendjemand hat erzählt, dass es heute schön werden soll und wir laufen weiter. Nach 3 Stunden ist es so nass und stürmisch, dass es keinen Spaß mehr macht. In meine wasserdichten Wanderstiefel regnet es von oben rein. Die Regenhosen, welche wir noch nie richtig gebraucht haben, liegen schön trocken im Zelt. Volkers Jacke, die schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, ist trotz Imprägnierung durch und durch nass. In der La Waffleria trinken wir 2 heiße Schokolade und essen frische Waffeln. Da es dauerregnet kriechen wir ins Zelt und lassen uns nicht mehr blicken. Einen Tag später hätten wir tolles Wetter gehabt, aber jetzt sind unsere Beine lahm und die Füße platt  .
Kurt hat Bilder von unserer bevorstehenden Route gezeigt. Die Ruta 40 nach Norden ist so schlammig, dass er 5 km teilweise absteigen und neben seiner BMW bei laufendem Motor herlaufen musste. Abends hat er mit einer Eisenstange den angetrockneten Lehm von der GS entfernt. Oje, wenn wir das nur schon hinter uns hätten!
Außerdem ist die nächste Übernachtungsmöglichkeit in einem Tag, bei diesen Straßenverhältnissen, wahrscheinlich nicht zu erreichen und wir müssen in der Pampa wild campen.
 
Vom 01.03. bis 05.03.2011
*** 7. März 2011 ***
So, wir verabschieden uns von den alten und neuen Bekannten und machen uns auf den Weg zur Horrorstrecke. Die Wetteraussichten sind nicht schlecht und die 300 km nach Gobernador Gergores müssten wir eigentlich schaffen. Dort wollen wir tanken und übernachten. Wir freuen uns auf das nette Hotel, in dem wir auch unser erstes argentinisches Steak gegessen haben. Dort werden wir aber nie landen.
 
Nach 120 km ist der Asphalt zu Ende. Wenn wir von weitem schon die roten Desvio-Schilder (Umleitung) sehen, stellen sich die Nackenhaare. Das könnt Ihr Euch zu Hause so vorstellen: Eine Umleitung über kilometerlangen lehmigen Ackerboden und das nach einer Nacht Regen. Auch für Nichtmotorradfahrer gut nachvollziehbar.
Der Himmel ist schön blau im Rückspiegel und vor uns hängen dunkle nasse Wolken. Die Piste ist gut ausgetrocknet und wird häufig wieder eben gemacht. Es ist trotzdem oft holprig, aber wir kommen vorwärts. Irgendwann fängt es an zu regnen und ich muss immer wieder absteigen, da es zu glitschig ist. Wahnsinn, was ein paar Tropfen Wasser ausmachen. Das kann man sich nur vorstellen, wenn man es selbst erlebt hat. Ein deutschsprachiger Europäer hält mit seinem VW-Bus neben mir an und erzählt eine Weile. Wenn er seine Hilfe anbietet, nehmen wir sie gerne an. Er fährt aber weiter und wir stehen wieder hilflos da. Noch 80 km bis zu unserem Etappenziel. So weit kann ich heute nicht mehr laufen. Wir sehen Hinweisschilder zur Estancia La Sibiria am Lago Cardiel und biegen ab. Auf den schlammigen Zeltplatz wollen wir nicht und nehmen das schäbige Zimmer, welches so viel kostet, wie das geplante Hotel. Wir parken in der Scheune neben einem geschlachteten Ñandu und anderen baldigen Steaks.
 
Der Señor versichert uns, dass es morgen schön wird und die Straße sehr schnell trocknet. Die Wolken reisen über dem See auf und wir spazieren auf dem Hügel. Unten auf der Straße kommt der Chef mit seinem VW-Amarok und winkt uns. Wir steigen ins Auto und fahren die 7 km zum See. Er lässt uns aussteigen, damit wir zum See laufen können und biegt mit seinem Gehilfen, zum Feuerholz sammeln, ab. Wir setzen uns auf einen Stein, blicken auf schneebedeckte Berge und bekommen einen wunderschönen Sonnenuntergang. Nur für uns und die 2 Flamingos im See, traumhaft. Hier stehen weder Häuser noch Hotels. Es ist windstill und wir hören nichts außer unserem Atmen. Natur pur.
 
Wir essen noch eine Suppe mit frischem Brot und gehen in unser Zimmer. Die Wand ist voller Spinnen und eine krabbelt über das zerlöcherte Laken. Da wir mal gelesen haben, dass jeder Mensch eine bestimmte Anzahl dieser Insekten nachts verschluckt, entsorgen wir sie natürlich.
Nach einem ausgiebigen Frühstück machen wir uns auf den Weg. Das erste Stück laufe ich noch aber dann ist die Straße wirklich trocken und wir können stellenweise 80 km/h fahren.
Die einzige Abwechslung in dieser endlosen Weite, ist das Gürteltier, welches über die Straße fuselt und im Pampagras verschwindet. Wir lassen den Abstecher nach G. Gregores aus, denn der Sprit müsste bis Bajo Caracoles reichen. Als Kurt durchkam, war die Tankstelle zwar leer, aber wir sind zuversichtlich. Vor genau einem Monat haben wir in dem 5-Seelen-Dorf im Hinterhof übernachtet und freuen uns jetzt auf die Pizza und tanken unsere BMW randvoll.
In Perito Moreno nehmen wir das Hotel am Ortseingang und schon steht eine Münchnerin vor uns. Katharina ist selbst Suzuki-Fahrerin und schon 15 Monate lang auf dem Landweg alleine nach Japan gefahren.
Kurz nach der Stadt kommt der Abzweig auf die Ruta 40. Das Schild sieht komisch aus, passt aber punktgenau laut GPS und Straßenkarte. Die Sonne scheint, der Boden ist trocken, da schaffen wir die 120 km bis zum nächsten Ort. Nach 10 km ist Volker so fertig, dass er keinen Meter mehr weiterfährt und umkehrt.  Kies, Sand und dicke Steine bringen uns 3 mal fast zum Stürzen. Lieber fahren wir ein paar hundert Kilometer Umweg, denn wenn hier etwas passiert, findet uns kein Mensch.
 
Nach 8 Kilometern kommt der richtige Abzweig auf die 40er mit nagelneuem Asphalt.
 
Zumindest bis zum Desvio-Schild, dann folgen 70 Kilometer übelste Piste. Mittendrin geht der Motor aus. Ein Steinschlag hat die Elektrik zum Seitenständer zerstört. Da können auch die hilfsbereiten Autofahrer nichts machen. Unsere erste Panne und das ausgerechnet hier, wo in alle Richtungen nichts ist.
 
Es ist Donnerstag und in Deutschland 16.00 Uhr. Wir schalten das Handy an und telefonieren mit dem BMW-Händler. Kein Problem, den Zipfel abschneiden und die Kabel verbinden. Volker kann das etwas besser erklären:
Bei der Fahrt im 6. Gang mit 80 km/h ist der Motor plötzlich ausgegangen. Es war auf einem geraden Schotterstück, also kein Problem. Mein erster Gedanke: jetzt haben wir so ein blödes Elektrikproblem mitten in der Pampa. Nachdem wir angehalten hatten und ich im Leerlauf war, konnte ich die Maschine aber wieder starten. Es war mir dann klar, dass es der Seitenständer-Sicherheitsschalter sein musste. Ich dachte sofort an Lutz und Dieter aus Bayern, die etwas zum Überbrücken mitgenommen hatten. Die Sichtkontrolle bestätigte dann meine Vermutung. Von dem relativ ungeschützten Schalter (für mich nicht nachvollziehbar, dass es da kein Schutzblech gibt) war nur noch die Hälfte da. Da konnte ich auch nichts mehr reparieren. Zum Glück hatten wir Handy-Netz und es war noch nicht so spät, dass wir bei BMW in Deutschland auch noch jemand erreicht haben. Seitenständer-Sicherheitsschalter abschneiden rotes & weißes Kabel überbrücken und die Kiste läuft wieder. Gut, dass ich ein paar Lüsterklemmen dabei hatte.
In Rio Mayo essen wir Milanesa (dünnes paniertes Kalbschnitzel) mit Kartoffeln und Salat. Das Paar ist so nett, dass sie uns darauf hinweisen, die ersten 30 Kilometer aus der Stadt in der Mitte zu fahren, da die Straße seitlich ausgefranst und voller Löcher ist. Außerdem kann es sein, dass ein Stück Richtung Norden gesperrt ist. Kinder haben Feuer gemacht und einen Großbrandt ausgelöst. Wir steuern aber erst den Nationalpark Los Alerces an. Endlich sehen wir wieder die Anden. In spitzen Kurven geht es rauf und runter bis wir auf einem wunderschönen Campingplatz mit Blick auf die Berggipfel landen.
  
Als das Zelt steht, ist es dunkel und wir können den Blick vom Himmel, der vor lauter Sternen weiß ist, nicht losreißen.
Beim Frühstück haben wir Gesellschaft von den langschnäbligen Vögeln. Ihre Laute klingen wie falsche Flötentöne.
 
Wir machen einen schönen Ausflug. Vorbei an Seen und Flüssen, in denen das Wasser so klar ist, dass wir bis auf den Grund sehen können. Durch den Urwald mit seinen riesigen Alercen.
 
In einem Restaurant mit tollem Ambiente machen wir Mittagspause. In dieser Gegend hat Butch Cassidy ein paar Jahre lang gelebt.
 
Mit 31°C ist es viel zu heiß auf dem Motorrad. Wir schlüpfen in die Badeklamotten und tauchen in den kalten See am Campingplatz.
 
Nach dem Essen bekamen wir einen Hinweis auf einen Berg, den wir gleich ablichteten. Ein kleines Rätsel an unsere Leser: was kann man auf dem Bild erkennen?
Mal sehen, wer die schnellste Antwort schickt!
 
 
Vom 06.03. bis 09.03.2011
*** 13. März 2011 ***
Hier die Auflösung unseres Rätsels: Den Kopf nach rechts neigen, dann sieht man im Gipfel ein Gesicht von der Seite. 
In Chile und Argentinien sehen wir viele Gedenkstätten mit gefüllten Wasserflaschen. Dazu gibt es eine Geschichte:
 
Die Legende von der Difunta Correa (Difunta = die Selige, die Verstorbene) stammt aus dem Bürgerkrieg von 1841. Die Spanier hatten damals viele Männer, darunter auch Audilio Correa, verhaftet und weggebracht. Seine Frau, Maria Antonia Deolinda y Correa, war verzweifelt und wollte mit ihrem neugeborenen Kind ihrem Mann folgen. So machte sie sich ohne Wasser und Proviant mit dem Säugling auf den Weg durch die endlose Weite der Pampa und folgte den Spuren der Soldaten. Auf ihrem Fußmarsch verdurstete sie jedoch und starb. Einige Tage später kam eine Gruppe von Maultiertreibern vorbei und fand die Tote. Der Säugling aber lebte noch, er lag säugend an der Brust der Mutter. Die Männer begruben Deolinda Correa an der Stelle, an der sie gestorben war, nahmen den Säugling mit sich und berichteten überall von dem Unglück. Die Verehrung der Deolinda Correa als Difunta Correo beruht auf einem Volksglauben und ist von der katholischen Kirche nicht anerkannt. Reisende und Fernfahrer legen immer wieder an den Gedenkstätten mit Wasser gefüllte Flaschen ab, um die Nachkommenden vor dem Verdursten zu bewahren.
Weiter geht es durch eine schöne Landschaft, die einer Mischung aus Schweiz und Toskana gleicht. Wir fahren durch das abgebrannte Waldstück. Eine riesige Fläche ist abgefackelt. So lange kann man die Ohren gar nicht ziehen, was die Kids da angestellt haben. Kurz danach essen wir in El Bolsòn einheimisches Asado (gegrilltes Fleisch auf einem Eisenkreuz).
 
In San Carlos de Bariloche nisten wir uns in einem Hostal ein und genießen die Abendsonne am Lago Nahuelhuapi. Volker möchte unbedingt ein Bild vom Golfhotel „Llao Llao“, das ein paar Kilometer außerhalb liegt.
 
Der Ort ist von schweizer Einwanderer geprägt. So sehen auch die Holz-Hotels am Ufer aus: eins schöner als das andere. Im Sommer kann man hier surfen, segeln, paddeln, schwimmen und im Winter Skifahren.
 
 
Wir wollen in den Park National Lanin, schauen nach dem Wetter und bekommen einen Schreck: um die 0°C und heftiger Schneeregen. Bevor wir neue Pläne schmieden, fahren wir erst nach Osorno, unseren Vorderreifen wechseln, den wir per email bereits reserviert haben.
Aaahhhhh und ich lerne unterwegs einen neuen Mann kennen. 
Über den Paso Cardenal Antonio Samoré fahren wir über die Grenze nach Chile. Im nächsten Restaurant bestellt Volker Hähnchen mit Pommes und ich mit Kartoffeln. Ich bekomme mein Filet mit Kartoffeln und Volker einen leeren Teller. Mit großem Loch im Bauch bestellt er seine eigene Portion und erhält nach einer Weile Pommes. Mein Teller (von dem er natürlich etwas abbekam) ist fast leer und die stundenlange Vorfreude auf das Geflügel soll nicht umsonst gewesen sein. Er lässt nicht locker, bis das saftige Stück Fleisch vor ihm steht. Nach dem Bezahlen helfen wir noch einem Kolibri ins Freie, der erschöpft am Fenster zappelt.
 
Kurz vor Osorno finden wir eine klasse Unterkunft. Der Chef spricht sogar sehr gut deutsch. Zum Frühstücksbuffet werden wir schon als Motorradfahrer begrüßt und von allen Seiten verwöhnt. Wir fühlen uns wie Ehrengäste und lassen uns Rührei und Vollkornbrot schmecken. Der Hausherr legt uns noch die selbstgebackene Blätterteigtorte an’s Herz. Die ist echt gut. Dünne Mürbeteigschichten mit Marmelade, Dulche de Leche (Karamelcreme) und noch einiges Unbekannte. Es laufen Lieblingslieder von uns und wir werden traurig, wenn wir an das Ende unserer Reise denken.
 
Bei Motoaventura ist der Reifen schnell gewechselt. Es kostet viel Mühe, die vollbepackte BMW auf die Hebebühne zu schieben, diese bewegt sich aber keinen Millimeter in die Höhe.
 
Unsere neuen Pläne führen uns nach Lonquimay. Dort sind wir vor vielen Wochen schon einmal durchgefahren und möchten jetzt ein paar Tage zum Wandern bleiben. Der Weg dorthin führt durch den längsten Tunnel Südamerikas (4.557 m  ). Wir stehen auf dem Campingplatz, wenn es denn einer sein soll. Er besteht aus einem sandigen Weg rauf und runter, einem Raum aus Toilette, Waschbecken und Dusche in einem, aber Platz finden wir irgendwie keinen. Ein chilenisches Paar kommt und macht uns den Lago Icalma schmackhaft. Die 80 km durch eine schöne Landschaft am Rio Bio Bio entlang lohnen sich wirklich. Bis in die Nacht sitzen wir vor dem Zelt. Das Lagerfeuer knistert, der See plätschert, wir blicken in den Sternenhimmel und möchten gerne die Zeit anhalten.
 
Hier stehen wieder meine Lieblingsbäume, die Araucarien, welche den Mapuche heilig sind. Sie essen die Früchte und nutzen das Harz als Heilmittel.
 
In den ländlichen Gegenden braucht man weder Wäscheleine, noch Klammern. Einfach über den Stacheldraht hängen und nichts kann davon fliegen. Außerdem gibt es oft nur 1 PS als Fortbewegungsmittel.
 
Das Wichtigste hätte ich fast vergessen. Hier ist mein neuer Mann:
 
Vom 10.03. bis 16.03.2011
*** 20. März 2011 ***
Wir wollten zwar einen Tag länger am See bleiben, aber morgen soll es regnen. Beim Zusammenpacken krabbelt ein Skorpion über das Zelt. Haben wir heute schon unsere Motorradstiefel kontrolliert?
 
Da, ähnlich, wie in den USA, hier überall ein Fernseher läuft, erfahren wir beim Frühstück in Chillan vom Tsunami in Japan. Wir verstehen zwar nichts, aber die Bilder sprechen für sich. In Chile wird die Küstenregion evakuiert. Uns betrifft das nicht, denn wir fahren auf der PANAM nach Norden. Auf der 4-spurigen Autobahn sehen wir viele Fußgänger, Radfahrer, Bushaltestellen und kleine Verkaufsstände mit selbstgemachtem Käse, Marmelade, Honig und Mote con Huesillos (ein leckeres Erfrischungsgetränk mit getrockneten Pfirsichen und gequollenen Weizenkörnern).
Wir fahren durch die im Smog versunkene Hauptstadt Santiago de Chile und machen einen Abstecher ins Valle Nevado. In 40 engen steilen Kurven geht es mit der schwer bepackten BMW auf 3025 Meter hoch, bis wir in den Wolken verschwinden.
 
Im nächsten Ort Colina suchen wir eine Unterkunft. Hier ist so viel los, dass wir nur langsam vorwärts kommen. Hostal finden wir auch keines in dieser nicht sehr schönen Stadt. Am Anfang hatten wir ein großes Hotel-Schild gesehen und fahren zurück. Es entpuppt sich als 5-Sterne-Gran-Hotel für Hunde. Wir sind etwas genervt, weil es bald dunkel wird und dies die Suche nicht gerade leichter macht (da wir wieder nördlicher sind und Spätsommer haben, ist es bereits um 21.00 Uhr dunkel). 55 km weiter in Los Andes steuern wir das erste Motel an. Wir fahren im Kreis, finden keine Rezeption, dafür aber ein klingelndes Telefon. Ich nehme ab und man verweist uns in das Zimmer Nummer 29. Ich frage, wo wir bezahlen können: das geht telefonisch?!?!?!? Die Zimmertür ist offen und schon klingelt dort das Telefon. Eine Frauenstimme haucht mir ins Ohr, ob ich französisch spreche.  Sie teilt mir den Preis für 6 Stunden mit. Hä? Es ist 20.30 Uhr und wir möchten gerne die ganze Nacht bleiben, kein Problem. Zwei Getränke nach Wahl und ein Frühstück sind im Preis inbegriffen. Beim Entkleiden klopft es an einer Innentür mit Fenster. Wir nehmen Wasser und Bier entgegen und bezahlen. Nachts geht im Nachbarzimmer die Dusche an, dann das Radio und wieder die Dusche. Die anderen Geräusche beschreibe ich besser nicht.
 
Punkt 8.00 Uhr klopft wieder jemand an die Durchreiche und wir bekommen unser bestelltes Frühstück, welches wir im Bett zu uns nehmen.
An der Tankstelle werden wir wieder befragt und bestaunt. Den jungen Mann erinnern wir wohl an die Motorradreise des jungen Che, denn er zeigt uns stolz sein Che Guevara-Tatoo und der ältere Herr reicht mir die Hand, um mir auf’s Bike zu helfen.
 
Heute verlassen wir Chile über den Paso Sistema Christo Redentor. Die Landschaft ist wieder klasse und wir machen einen Stop bei der Puente del Inca. Die Naturbrücke darf allerdings aus Sicherheitsgründen seit 2005 nicht mehr betreten werden.
 
In Uspallata (1.700 m hoch) bauen wir unser Zelt auf. Hier in den Bergen wurde 1997 der Film „7 Jahre Tibet“ mit Brat Pit gedreht. Unser Nachbar schenkt Volker die Hälfte seines Liters Bier und wir laden den Argentinier abends zu einer Flasche Rotwein mit gegrilltem Rindfleisch (Asado) ein. Der 24-jährige ist alleine mit Auto und Fahrrad auf einer 10-tägigen Rundreise und erzählt uns einiges über sein Land. Als Dankeschön spült er unser Geschirr.
 
Bis wir am nächsten Morgen aus dem Schlafsack schlüpfen, ist Rodrigo schon auf dem Weg nach Chile. Er hat uns eine Nachricht hinterlassen, in der er uns in seine Heimatstadt Buenos Aires einlädt. Die nehmen wir gerne an.
Wir fahren nach Mendoza, dem berühmten Weingebiet, in dem 80% der Weine des Landes produziert werden. In einem netten Hotel können wir unsere Maschine in den Hof stellen. Allerdings scheitert es an der letzen Tür an ein paar Millimetern. Dann bleibt sie eben in der Lobby stehen!
 
Jetzt treten wir in die Fußstapfen von Joe Pichler. Im Restaurant La Barra nehmen wir saftige Steaks und feinen Wein zu uns. Wir sitzen im gemütlichen Innenhof und beobachten, wie das Fleisch in der Glut brutzelt.
 
Zurück am Hotel steht eine alte 600er BMW, gleicher Jahrgang wie Volker: 1966. Die Hotelbesitzerin hat ihren Mann angerufen, welcher auf uns wartet. Carlos ist 60 Jahre alt und Professor an der Universität. Wir erzählen eine Weile und er möchte unsere Adresse in Deutschland haben, denn in 10 Jahren kommt er uns mit der alten Lady besuchen. Wir freuen uns.
 
Jetzt machen wir uns auf, zum höchsten Punkt unserer Reise.
 
Vom 17.03. bis 24.03.2011
*** 24. März 2011 ***
In den Anden fahren wir ein Stück alte Pass-Straße, den Paso de la Cumbre. Auf knapp 4.000 Meter wurde die 8 Meter hohe Statue Cristo Redentor von einem uruguayischen Bildhauer aus dem Metall von Kanonen und anderen Waffen errichtet. Nachdem Argentinien und Chile 1902 eine Ihrer zahllosen Grenzstreitigkeiten beigelegt hatten, unterzeichneten sie unter der Schirmherrschaft des englischen Königs Edward VII. einen Vertrag, der die Andengrenze zwischen ihnen festlegte. Hier sieht man auch einen der höchsten Berge der Welt, den Cerro Aconcagua (6.962 m).
 
An der Grenze schickt man uns 20 Mal von einem Schalter zum anderen. Irgendwann haben wir endlich unsere 8 Stempel auf dem Papier und dürfen passieren. Dies war zum Glück der letzte Übergang, denn unsere Pässe werden langsam voll.
 
Die letzte Woche möchten wir am Meer verbringen und fahren nach Norden. Erinnerungen von unserem ersten Chile-Urlaub kommen hoch. Wedelnde Menschen stehen an der Ruta 5 und verkaufen selbstgemachtes Gebäck. Ich würde gerne jedem etwas abkaufen, aber wir bekämen einen Zuckerschock und würden unser Tagesziel nicht erreichen.
 
Vorbei an Eukalyptuswäldern und Kakteenfeldern, die rot blühen, stehen wir zufällig vor dem selben Campingplatz, wie vor zwei Jahren. Es ist sonnig warm und wir tauchen in den Pazifik, der durch den Humboldstrom nie warm wird.
 
Wir beobachten Fischer, die ihren Fang zerlegen. Eine Möwe verliert ein blutiges Stück Abfall und trifft Volkers Schulter.
 
Unser Traumurlaub neigt sich dem Ende zu. Wir lassen ihn Revue passieren, mit den schönen Erlebnissen und Erinnerungen. Menschen aus der ganzen Welt haben wir kennengelernt und neue Urlaubspläne geschmiedet. Es hat unendlich viel Spaß gemacht und lässt sich mit Sicherheit nicht wiederholen.
Wir laufen stundenlang am Strand entlang, begleitet von wilden Hunden, die uns adoptiert haben. Möwen stürzen wie Pfeile in das glitzernde Meer und tauchen kurz darauf mit einem Fisch im Schnabel wieder auf. Geier mit roten Köpfen warten  geduldig auf Essbares und Pelikane schaukeln in den Wellen. Mit frischem Fisch stillen wir unseren Hunger und lassen uns das Eis danach schmecken.
Die Spanierin im Minimarkt teilt uns mit, dass heute Abend um 20.00 Uhr der Vollmond hinter den Bergen aufgeht. Riesengroß erscheint er und wird von uns abgelichtet.
 
Auf dem Hügel entdecken wir interessante Behausungen und genießen die Aussicht.
 
Der Campingplatz gehört uns alleine, bis plötzlich ein Rotel-Truck vor uns steht. Das ist bereits das dritte rollende Hotel, aus Passau, auf unserer Route und wir freuen uns, denn damit waren wir vor 13 Jahren auf Hochzeitsreise.
Wir lesen am Strand, schwimmen und lassen die Seele baumeln, brechen unsere Konsequenz und füttern den kleinen Struppi. Als Dank möchte er abends unbedingt mit ins Zelt. Es kostet viel Mühe, ihn davon abzuhalten.
 
Leider müssen wir dieses idyllische Fischerdorf mit dem kleinen Hafen wieder verlassen.
 
Auf der Panamerikana kommt uns ein Reiter auf einem Esel entgegen und die Äcker werden mit dem Pferd gepflügt. Sehr widersprüchlich, wenn man bedenkt, dass handy, wi-fi , bezahlen mit Visa und Maestro zum Teil weiter verbreitet ist, als in Deutschland. An einem Verkaufsstand legt eine ältere Indianerin Teig in eine Tonne und bedeckt ihn mit Glut. Ich suche mir Käse, eine Guayaba-Frucht (oder so ähnlich), gezuckerte Papayastücke aus und schon rennt sie zu ihrem selbst gebastelten Ofen und holt die fertigen Brötchen raus.
 
In Valparaiso hat sich einiges geändert in den letzten 3 Monaten. Die Kabelbahn ist neu gestrichen, der kleine Cocker von Martina und Enzo lebt nicht mehr und viele neue Gäste sind in der Villa Kunterbunt: Martin und Melanie aus Hamburg, Christoph aus Fürth, Steffen aus Stuttgart, Bryn aus Neuseeland und Wolfgang aus Berlin. Alle waren 6 Monate mit ihren Bike’s unterwegs.
 
Wir vermissen die Kochkünste von Dieter aus der Anfangszeit und gehen zum Fisch-Essen in Restaurants. Ein Chilene kommt mit Gitarre und trällert schöne Lieder.
 
Zum Abschluss bummeln wir noch durch das Zentrum von Valpo und kaufen Kleinigkeiten von den vielen kleinen Ständchen.
 
Unser Motorrad ist verpackt und so traurig habe ich Volker noch nie gesehen.
 
Abschied
*** 2. April 2011 ***
Zu fünft fahren wir mit einem Privatauto nach Santiago. Martin, Melanie und Christoph setzen wir am Flughafen ab und wir bleiben noch eine Nacht in der Hauptstadt. U2 spielt heute Abend hier; das haben wir leider zu spät erfahren. Der Fahrer verpasst die Ausfahrt in das Zentrum und fragt schon außerhalb nach der Straße. Er ist leicht nervös, was ich sehr gut verstehen kann. In der City fahren so viele Autos, dass es kaum eine freie Stelle gibt. Volker bezweifelt schon, dass wir heil ankommen. In Valpo haben wir noch eine große Tasse Tee getrunken, die dringend den Ausgang sucht. Endlich sind wir in der richtigen Avenida. Sie ist so lang, dass er alle fünf Meter nach dem Hotel frägt. Als wir davor stehen, fällt ihm ein Stein vom Herzen und er strahlt. Der Arme, hoffentlich ist er gut nach Hause gekommen.
Da wir im letzten Urlaub hier schon ein paar Tage verbracht haben, kennen wir uns aus. Den halbblinden Taschenspiegelverkäufer sehen wir leider nicht mehr, aber dafür andere bedürftige Menschen, denen wir gerne mit Spenden helfen.
 
Unser Traumurlaub ist zu Ende. 1 ½ Jahre haben wir ihn vorbereitet. Er hat unsere Erwartungen weit übertroffen. 13.235 abenteuerliche Kilometer durch Patagonien und Feuerland. Das Motorrad und wir haben alles ohne Blessuren überstanden.
Wir möchten uns nochmal ganz herzlich bei unseren Lesern bedanken. Die Begeisterung hat uns echt überrascht.
Unser Fazit: Zum zweiten Mal verlassen wir Chile mit dem Gedanken wiederzukommen, in dieses wunderschöne, sichere, freundliche Land. Noch nie haben wir uns so wohl gefühlt wie hier. Diese lebenslustigen Menschen, die immer freundlich winken und grüßen, egal, wie oft man sie trifft. Man braucht eben nicht viel, um glücklich zu sein.
Argentinien durften wir neu kennenlernen. Auch hier gibt es noch einiges zu entdecken.
Durch die Hilfsbereitschaft der Einheimischen haben wir so manches Abenteuer super überstanden.
Wir werden so vieles vermissen: das faszinierende Wolkenspiel, den gigantischen Sternenhimmel der südlichen Hemisphäre, die neugierigen Blicke der Einheimischen, die tolle endlose Natur mit den vielen Tieren, die leeren Straßen, Empañadas, Cazuela, Dulche de Leche …
Hasta la próxima Chile y Argentina
 
Lieferung – Letzter Akt unseres Abenteuers
*** 13. Mai 2011 ***
Heute wurde die Kiste samt Inhalt wieder nach Jockgrim geliefert.